Welches Prozedere bei einer erstmaligen Überschreitung des sogenannten Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % einzuhalten ist, hat das Sozialgericht Dortmund (SG) im folgenden Fall dargelegt.
Eine Fachärztin für Allgemeinmedizin, die auch als Hausärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahm, wandte sich hier gegen einen nach einer Richtgrößenprüfung für das Jahr 2009 festgesetzten Regress von 1.509,29 aufgrund der Überschreitung des Richtgrößenvolumens für die Verordnung von Heilmitteln.
Die Ärztin begründete ihre Klage mit dem Hinweis, dass sie in ihrer Praxis sehr viele Mehrfacherkrankte, Chroniker und Rentner betreue und durch die Verordnung von Heilmitteln Kosten im Bereich der Arzneimittel eingespart habe. Dennoch verblieb laut Prüfungsstelle nach Abzug der zu berücksichtigenden Kosten eine Überschreitung von über 25 %.
Das SG gab der Ärztin jedoch recht und hob die Beschlüsse der Kassenärztlichen Vereinigung auf. Dabei verwies es auf das Sozialgesetzbuch (SGB), nach dem bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens eine individuelle Beratung zu erfolgen hat.
Ein Regress darf erst bei einer künftigen Überschreitung für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. Obwohl die Prüfgremien hier tatsächlich eine nicht durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigte Überschreitung des Richtgrößenvolumens festgestellt hatten, durften sie folglich keinen Regress verlangen (§ 106 Abs. 5 e Satz 1 SGB V). Es hätte zunächst eine individuelle Beratung erfolgen müssen.
Hinweis: Ältere Regressforderungen wegen überhöhter Heilmittelkosten aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten sind dabei unerheblich, wenn es (wie auch hier) um einen Regress wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % geht.
SG Dortmund, Urt. v. 09.08.2017 S 16 KA 19/13