Wenn Sie als Arzt die Verschreibungsrichtgrößen für Arznei-, Verband- und Heilmittel in gewissem Umfang überschreiten, müssen Sie mit Honorarrückforderungen der Krankenkassen rechnen. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann Ihnen dann zumindest aus steuerlicher Sicht etwas Linderung verschaffen. Das Gericht entschied, dass betroffene Ärzte gewinnmindernde Rückstellungen für diese Erstattungsforderungen bilden können.
Geklagt hatten zwei Ärzte aus Bremen, die im Jahresabschluss ihrer Gemeinschaftspraxis Rückstellungen in Höhe von 120.000 € bzw. 135.000 € für ungewisse Honorarrückforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung gebildet hatten, weil sie die Verschreibungsrichtgrößen pro Quartal bei Weitem überschritten hatten. Das Finanzamt löste die Rückstellungen gewinnerhöhend auf, da es nicht für ausreichend nachgewiesen ansah, dass ungewisse Verbindlichkeiten bestanden. Der BFH erkannte die Rückstellungen jedoch dem Grunde nach an und erklärte, dass eine Rückforderung der Krankenkasse gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn ein Arzt das Richtgrößenvolumen für Verschreibungen um mehr als 25 % überschreitet. Diese Überschreitung wirkt wie ein Anscheinsbeweis für die Unwirtschaftlichkeit der Verordnungsweise, infolgedessen ist eine Rückzahlungsverpflichtung hinreichend wahrscheinlich. Die Pflicht zur Honorarrückzahlung war im Urteilsfall auch hinreichend konkretisiert, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rückforderung erfüllt waren und der Forderungsinhaber bereits Kenntnis von der Überschreitung des Richtgrößenvolumens hatte.
Über die Höhe der anzuerkennenden Rückstellungen muss das Finanzgericht in einem zweiten Rechtsgang entscheiden.
Hinweis: Dem Urteil kommt erhebliche Breitenwirkung zu. Es bleibt zunächst abzuwarten, wie die Finanzverwaltung mit den Rechtsprechungsgrundsätzen umgehen wird. Bis dahin kann es sinnvoll sein, Einspruch gegen die Aberkennung entsprechender Rückstellungen einzulegen und auf die begünstigende BFH-Entscheidung zu verweisen.
Fundstelle/n:
BFH, Urt. v. 05.11.2014 – VIII R 13/12; www.bundesfinanzhof.de