Ob auch Reinigungs- und Praxisorganisationsleistungen zur von der Umsatzsteuer befreiten ärztlichen Tätigkeit zählen, musste das Finanzgericht Niedersachsen (FG) jüngst entscheiden.
Im zugrunde liegenden Fall schlossen sich zwei Allgemeinmediziner zu einer Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR zusammen, die laut Gesellschaftsvertrag als „reine Kostengemeinschaft“ gegründet wurde. Dabei rechnete jeder ärztliche Gesellschafter seine Tätigkeit in eigenem Namen ab. Die Praxisgemeinschaft sollte den beiden Ärzten lediglich die Praxisräume und das Personal (gegen einen Kostenersatz) zur Verfügung stellen. Die Praxisgemeinschaft beschäftigte eine Büro- und Organisationskraft, die für die Organisation der Praxis zuständig war; insbesondere die Terminvergabe und das Schreiben von Arztberichten gehörten zu ihrem Aufgabenfeld. Sie überwachte auch die Zahlungsvorgänge und rechnete mit den privaten Krankenversicherungen ab. Für die Reinigung der Praxisräume stellte die Praxisgemeinschaft zudem eine Raumpflegerin ein. Darüber hinaus wurden freie Mitarbeiter (Krankengymnastin, Heilpraktiker, Psychologin) beschäftigt, die in den Räumlichkeiten Kurse zu Muskelentspannungs- und Schmerzbewältigungstrainings durchführten.
Das Finanzamt (FA) stufte die Praxisgemeinschaft im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung als Unternehmerin ein. Die erbrachten Leistungen seien daher umsatzsteuerpflichtig, soweit sie nicht in der steuerfreien Überlassung von Räumlichkeiten bestünden oder unmittelbar für steuerfreie Heilbehandlungen verwendet worden seien. Insbesondere sollte Umsatzsteuer für die Praxisorganisation, Buchführung und Raumpflege bezahlt werden. Von den angebotenen Kursen sei lediglich das Schmerzbewältigungstraining steuerfrei.
Die Klage der Praxisgemeinschaft gegen die angesetzten Steuern war erfolgreich. Das Gericht stufte die strittige Umsatzsteuer auf null herab und führte aus, dass Leistungen (wie beispielsweise die Praxisorganisation), die unmittelbar zum Zwecke der Ausübung von heilberuflichen Tätigkeiten ausgeführt würden, steuerfrei seien. Auch die Reinigungsleistungen seien als notwendige Vorstufe für die Erbringung der Heilbehandlungen ein unverzichtbarer Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit. Darüber hinaus seien alle angebotenen Kurse Heilbehandlungsleistungen mit therapeutischer Zielsetzung und somit ebenfalls steuerfrei. Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten seien jedoch steuerpflichtig.
Hinweis: Trotz der Einordnung der Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten als steuerpflichtig musste die Praxisgemeinschaft keine Umsatzsteuer abführen. Für das Gericht unterschritt der Umfang dieser steuerpflichtigen Leistung die Kleinunternehmergrenze, sodass im Ergebnis keine Umsatzsteuer festzusetzen war.