Umsatzsteuerpflicht

Ärztliche Vertretungsleistungen und Blutentnahmen im Auftrag der Polizei

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
08 Aug. 2023

Nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster (FG) sind die von einem Arzt vereinnahmten Entgelte für die vertretungsweise Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes und für die Entnahme von Blutproben im Auftrag der Polizei umsatzsteuerpflichtig. Es liegen keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen vor, so das FG.

Der Kläger war selbständiger Allgemeinarzt, der keinen eigenen Praxisbetrieb unterhielt. Auf Grundlage einer mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) geschlossenen Vereinbarung nahm er als Vertreter für andere Ärzte am hausärztlichen ambulanten Notfalldienst teil. Die erbrachten ärztlichen Leistungen rechnete er im Wege der Privatliquidation oder über die KV ab. Er erhielt dafür vom jeweils vertretenen Arzt einen Stundenlohn zwischen 20 € und 40 €. Daneben führte er für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch, die er gegenüber der Landeskasse abrechnete. Er fertigte jeweils gemäß einem Muster einen einseitigen ärztlichen Bericht. Die Höhe der Vergütung richtete sich danach, wie viele Blutentnahmen er zu welchem Zeitpunkt durchführte.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Entgelte des Arztes umsatzsteuerpflichtig seien. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Vertretung im ärztlichen Notdienst stelle keine steuerfreie Heilbehandlungsleistung dar, weil sie keinem therapeutischen Zweck diene. Es würden mit dem Notdienst nur die Voraussetzungen geschaffen und die personellen Ressourcen vorgehalten, die für die nachfolgende zeitnahe Erbringung von Heilbehandlungsleistungen erforderlich seien. Nur dafür leisteten die vertretenen Ärzte das Entgelt an den Kläger - und nicht für die vom Kläger im ärztlichen Notdienst ausgeübten Tätigkeiten. Auch die Entnahme der Blutproben für die Polizeibehörde sei keine steuerfreie Heilbehandlungsleistung. Im Vordergrund steht nach Auffassung des FG die Beweiserhebung und die Erstellung eines Gutachtens, nicht aber der Schutz, die Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit.

Hinweis: Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde zugelassen.

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