Unwahre Angaben des Unternehmers

Ist-Besteuerung kann zurückgenommen werden

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
22 Sept. 2019

Im Regelfall wird die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet (Soll-Versteuerung). Die Steuer entsteht für Lieferungen und sonstige Leistungen dann mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das Finanzgericht München (FG) musste nun klären, ob auch im Gründungsjahr der Gesamtumsatz nach vereinbarten Entgelten zu bestimmen ist.

Bei vereinbarten Entgelten kommt es also regelmäßig zu einer Vorfinanzierung der Umsatzsteuer. Bei den vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) ist die Umsatzsteuer hingegen erst an das Finanzamt abzuführen, wenn die Entgelte tatsächlich vereinnahmt worden sind. Auf Antrag kann das Finanzamt einem Unternehmer gestatten, die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen, wenn dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 € betragen hat.

Insoweit wäre es interessant, wenn man insbesondere im Gründungsjahr die Umsatzsteuer regelmäßig nach vereinnahmten Entgelten abführen dürfte, um aufgrund der Vorfinanzierung einen Liquiditätsengpass zu vermeiden. Dafür darf der für das Gründungsjahr zu erwartende Gesamtumsatz 500.000 € jedoch nicht übersteigen. Im Urteilsfall hatte der Unternehmer hier eine unrichtige Angabe getätigt, indem er nur 30.000 € als geschätzten Umsatz im Jahr der Betriebseröffnung angab, obwohl er mit über 1.000.000 € rechnen konnte.

Das FG hat nun klargestellt, wie die im Gesetz genannte Umsatzgrenze zu schätzen ist. Wird die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten beantragt und hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit erst im laufenden Jahr begonnen, kommt es im Hinblick auf die maßgebliche Umsatzgrenze nicht auf die Verhältnisse des vorangegangenen Jahres, sondern auf die voraussichtlichen Verhältnisse des aktuellen Jahres an. Die Umsätze des Neugründers sind laut FG nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung zu schätzen. Das FG vertritt hier eine eher ungünstige Auffassung für den Steuerpflichtigen. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist zugelassen worden, da die Frage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.

Hinweis: Das Urteil hat praktische Relevanz für alle Unternehmen, denen das Finanzamt auf Antrag im Gründungsjahr gestattet hat, Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu versteuern. Sofern am Jahresende festgestellt wird, dass die bei Antragstellung gemachten Angaben unzutreffend gewesen sind - etwa, wenn geplante Umsätze verschwiegen wurden -, droht die rückwirkende Rücknahme der Gestattung.

Das könnte Sie interessieren

14Juni2016

Istversteuerung: Genehmigung auch ohne schriftliche Mitteilung möglich

Die Umsatzsteuer entsteht im Regelfall mit der Ausführung der Leistung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der leistende Unternehmer das vereinbarte Entgelt bzw. die damit ...

Mehr erfahren
05Juli2020

Ist-Versteuerung: Widerruf einer erteilten Genehmigung

Die Genehmigung zur Ist-Versteuerung wird regelmäßig mit einem Widerrufsvorbehalt ausgesprochen. Darauf weist die Oberfinanzdirektion Karlsruhe (OFD) in einer Verfügung ...

Mehr erfahren
02Feb.2020

Sollbesteuerung: Klagerücknahme bewirkt umsatzsteuerpflichtige Leistung

Wenn Unternehmer umsatzsteuerlich der sogenannten Sollbesteuerung unterliegen (Regelfall), entsteht die Umsatzsteuer auf ihre Umsätze bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, ...

Mehr erfahren
15Okt.2019

Entgelt aus Honorarvereinbarung: Zeitpunkt der Versteuerung

Die Höhe des zu zahlenden Honorars kann bei Honorarvereinbarungen nicht immer sofort erkennbar sein. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat sich aktuell mit einer Honorarvereinbarung ...

Mehr erfahren
23Nov.2022

Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters: Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags?

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) hat sich mit der Möglichkeit der Berichtigung eines geschuldeten Umsatzsteuerbetrags bei Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters ...

Mehr erfahren
20Nov.2022

Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters: Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags?

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) hat sich mit der Möglichkeit der Berichtigung eines geschuldeten Umsatzsteuerbetrags bei Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters ...

Mehr erfahren