Der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patient ist für eine ordnungsgemäße Untersuchung und Behandlung sehr wichtig. Ob es hier Ausnahmefälle in Form von Fernbehandlungen geben kann und wann diese nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) sogar verboten sind, musste das Landgericht Koblenz (LG) entscheiden.
Der beklagte Arzt war Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie in eigener Privatpraxis. In E-Mails, die er an potentielle Interessenten richtete, warb er für eine „Diagnostik aller Organsysteme“ nach Übersendung von zwei Lichtbildern und gegebenenfalls Haarproben. Die Lichtbilder und Haarproben sollten mit einem neuartigen Gerät aus russischer Fertigung untersucht werden, wodurch der Arzt alle möglichen Arten von Viren, Bakterien und Parasiten ermitteln könne. Die Behandlung sollte via E-Mail und Ferntherapie erfolgen.
Ein Verbraucherschutzverband verlangte von dem Arzt Unterlassung der Werbung und erwirkte eine einstweilige Verbotsverfügung, gegen die der Arzt Rechtsmittel einlegte. Das LG wies das Rechtsmittel des Arztes gegen die einstweilige Verbotsverfügung zurück und bestätigte, dass der Arzt diese Werbung zu unterlassen habe. Zum einen handle es sich um eine Werbung für eine Fernbehandlung, die nach § 9 HWG gar nicht erlaubt sei. Warum für eine „Behandlung aller Organsysteme“ ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt nicht erforderlich sein solle, konnte der Arzt nicht darlegen. Unlauter und deshalb zu unterlassen war zudem die Werbung des Arztes mit den Facharztbezeichnungen „Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie und Energie und Raumfahrtmedizin“, die es in dieser Form gar nicht gibt.
Hinweis: Fernbehandlungen sind nicht per se verboten. Werbetreibende können sich an der folgenden Faustformel orientieren: Wenn die Behandlung keinen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt erfordert, kann für eine Fernbehandlung dieser Erkrankung geworben werden. Dies dürfte aber nur in Ausnahmefällen der Fall sein, zum Beispiel bei der Begutachtung von bildgebenden Befunden. In allen anderen Fällen müssen Ärzte, die mit derartigen Fernbehandlungen werben, mit Unterlassungsklagen rechnen.
LG Koblenz, Urt. v. 20.07.2021 – 1 HK O 29/21