Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Was beeinflusst den künftigen Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
19 Juni 2019

Wenn man erbt, unterliegt der Wert, den die Erbschaft am Todestag des Erblassers (Stichtag) hatte, der Erbschaftsteuer. Geld oder Aktien zu bewerten ist ganz einfach. Aber welchen Wert hat etwas, das man nicht einfach so auf dem Markt kaufen kann, wie beispielsweise der Anteil an einem Unternehmen? Zur steuerlichen Bewertung gibt es hier das sogenannte vereinfachte Ertragswertverfahren. Damit wird ermittelt, welchen Wert das Unternehmen zum Stichtag - unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Erträge - hat.

Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste in einem Streitfall darüber entscheiden, ob die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens für die Bewertung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft rechtens ist bzw. welche (künftigen) Ereignisse dabei den Anteilswert beeinflussen dürfen und welche nicht. Die Klägerin war die Ehefrau des 2011 verstorbenen Erblassers, welcher an der A-GmbH beteiligt war. Des Weiteren gab es noch die Gesellschafter-Geschäftsführer B und C. Die Gesellschafter hatten Jahre vor dem Todesfall beschlossen, dass C und später auch B Sondergewinnanteile erhalten sollten.

Im Jahr 2013 gab die A-GmbH beim Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, in der sie den Wert der Gesellschaft am Todestag nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt hatte. Das Finanzamt stellte den Wert entsprechend fest. Mitte 2015 verstarb überraschend auch B. Im Anschluss an eine Außenprüfung erhöhte das Finanzamt den Wert der A-GmbH zum Stichtag und den Wert des Anteils des Erblassers, wogegen sich die Klägerin wandte. Als Nachweis legte sie das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers mit einem niedrigeren Anteilswert vor.

Das FG gab der Klägerin jedoch nur teilweise recht. Der Feststellungsbescheid ist insoweit rechtswidrig, als der Anteilswert mit ca. 14 Mio. € festgestellt wurde. Das Finanzamt hatte den Anteilswert aber zu Recht unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft ermittelt. Das dabei angewandte vereinfachte Ertragswertverfahren führt nicht zu einem unzutreffenden Ergebnis. Dabei können auch noch nicht eingetretene Gegebenheiten berücksichtigt werden, soweit am Bewertungsstichtag mit diesen zu rechnen ist:

  • Das Auslaufen eines Großmandats im Jahr 2013 war zwar abzusehen, führte aber nicht zwingend zu erheblich niedrigeren Erträgen in der Zukunft, da nicht dargelegt wurde, dass nicht mehr mit vergleichbaren Folgekunden zu rechnen war.

  • Des Weiteren konnte man am Bewertungsstichtag nicht mit dem Tod von B rechnen.

  • Jedoch müssen die Sondergewinnbezugsrechte von B und C bei der Wertermittlung berücksichtigt werden.

Aufgrund Letzterer standen der Klägerin schlussendlich nur 15% des jährlichen Gewinns der Gesellschaft zu, so dass der Anteilswert auf ca. 12 Mio. € reduziert wurde.

Das könnte Sie interessieren

09Juli2016

Offene Immobilienfonds: Bewertung der Anteile bei Aussetzung der Rücknahme

Das Erben von Vermögen ist in mancher Hinsicht einfach, in anderer Hinsicht schwierig und oft auch strittig. In jeder Hinsicht wichtig ist die Regel, dass das geerbte Vermögen ...

Mehr erfahren
08Aug.2019

Immobilie geerbt: Bemisst sich die Steuer nach dem Gutachten oder dem Verkaufspreis?

Wenn man etwas erbt, dann muss man - abhängig vom Wert des Erbes am Todestag des Erblassers (Stichtag) - Erbschaftsteuer zahlen. Bekommt man Geld oder Aktien, lässt sich ...

Mehr erfahren
06Nov.2015

Grunderwerbsteuer: Bemessungsverfahren für Übertragungen ohne Kaufpreis ist hinfällig

Es war schon länger abzusehen und nun ist es passiert: Nachdem der Bundesfinanzhof bereits 2011 Zweifel geäußert und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen hatte, ...

Mehr erfahren
20Sept.2019

Geerbter Kommanditanteil: Wie wird der erbschaftsteuerliche Wert bei einem späteren Verkauf ermittelt?

Um eine Erbschaft korrekt besteuern zu können, muss man erst einmal den Wert des Erbes ermitteln. Und das ist manchmal gar nicht so einfach. Bei Bargeld ist es ganz klar ...

Mehr erfahren
19Juni2015

Geschlossene Immobilienfonds: Bewertung anhand des fiktiven Rücknahmepreises ist zulässig

Die Erbschaftsteuer funktioniert grob nach dem folgenden System:Der Erblasser vererbt Vermögen mit einem bestimmten Wert.Dieser Wert stellt die steuerpflichtige Bereicherung ...

Mehr erfahren
05Mai2018

Erbschaftsteuer: Nachzahlungs- und Erstattungszinsen im Rahmen einer Erbschaft

Wenn Sie erben, kann es sein, dass die Einkommensteuerveranlagung des Erblassers noch nicht abgeschlossen ist. Abhängig davon, wie lange das zu veranlagende Jahr schon zurückliegt, ...

Mehr erfahren