Außerordentliche Einkünfte wie beispielsweise Abfindungen, Entlassungsentschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten unterliegen einem ermäßigten Einkommensteuersatz, wenn sie dem Empfänger zusammengeballt zufließen. Der Steuergesetzgeber will dadurch Progressionsnachteile ausgleichen, die ein entschädigungsbedingt erhöhtes Einkommen bei regulärer Besteuerung nach sich ziehen würde. Sind die außerordentlichen Einkünfte jedoch in mehreren Teilbeträgen über mehrere Veranlagungszeiträume verteilt zur Auszahlung gekommen, ist eine ermäßigte Besteuerung in der Regel ausgeschlossen, weil dann keine wesentlichen Progressionsnachteile entstehen.
Hinweis: Die Finanzverwaltung lässt eine ermäßigte Besteuerung in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung allerdings noch zu, wenn eine Teilleistung von maximal 10 % der Hauptleistung in einem anderen Jahr als die Hauptleistung zur Auszahlung kommt (Nichtbeanstandungsgrenze). Gleiches gilt, wenn die abweichend gezahlte Teilleistung niedriger ist als der Steuervorteil, der sich aus der ermäßigten Besteuerung der Hauptleistung ergibt.
In einem neuen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine ermäßigte Besteuerung nicht in Betracht kommt, wenn eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten in zwei etwa gleich großen Teilbeträgen über zwei Jahre verteilt ausgezahlt wird.
Im Urteilsfall hatte die Kassenärztliche Vereinigung einer Physiotherapiepraxis zusätzliche Honorare für in 2000 bis 2004 erbrachte Leistungen nachgezahlt. Die Gelder flossen der Praxis in 2005 (60.600 €) und in 2006 (61.931 €) zu. Der BFH urteilte, dass aufgrund der ratenweisen Auszahlung keine Zusammenballung der Einkünfte vorlag. Das Gericht verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine über zwei Jahre ausgezahlte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in der Regel selbst dann von der ermäßigten Besteuerung auszuschließen ist, wenn die Vergütung mit anderen laufenden Einkünften zusammentrifft und einen Progressionsnachteil auslöst. Da die Nachzahlung im vorliegenden Fall in zwei annähernd gleich hohen Raten zur Auszahlung gekommen war, konnte eine der Raten auch nicht als geringfügige Teilleistung im Sinne der Nichtbeanstandungsregeln angesehen werden.
Hinweis: Die betroffenen Physiotheraupeuten hatten vor Gericht argumentiert, dass ihnen die ratenweise Auszahlung von der Kassenärztlichen Vereinigung aufgezwungen worden war und sie gar nicht die Wahl hatten, sich den Betrag (zwecks Steueroptimierung) in einem Jahr zusammengeballt auszahlen zu lassen. Der BFH verwies jedoch darauf, dass dieser Umstand keine Rolle spielt, da es allein darauf ankommt, ob durch die Auszahlung eine außergewöhnliche Progressionsbelastung entstanden ist.
BFH, Urt. v. 02.08.2016 – VIII R 37/14; www.bundesfinanzhof.de