Ein Vertragsarzt, der belegärztlich tätig ist oder eine Privatklinik betreibt, kann nicht allein aus diesen Tatsachen heraus eine Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst beanspruchen, wie das Sozialgericht München im folgenden Fall klarstellte.
Ein Facharzt für Urologie besaß eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag (Sonderbedarfszulassung). Zur anderen Hälfte war er angestellter Chefarzt in einem Klinikum, wo er zusammen mit einem Kollegen eine Hauptabteilung führte, in der zudem noch ein Oberarzt tätig war. Aufgrund der dadurch enstehenden enormen Doppelbelastung begehrte er die Befreiung von Bereitschaftsdiensten - ohne Erfolg.
Gründe für mögliche Befreiungstatbestände können nur in der Person des Vertragsarztes (Erkrankung des Vertragsarztes, körperliche Behinderung des Vertragsarztes, Schwangerschaft der Vertragsärztin) und seinem familiären Umfeld liegen. Solche hat der Arzt jedoch nicht genannt. Es gab demnach keinerlei Anhaltspunkte für einen besonderen Versorgungsauftrag. Der Urologe war zudem weder ermächtigter Krankenhausarzt noch Belegarzt, sondern vielmehr zum einen Vertragsarzt und zum anderen Chefarzt in einem Klinikum.
Einem Vertragsarzt obliegt in erster Linie die ambulante Versorgung der Versicherten. Die klinische Tätigkeit des Urologen ist als Nebentätigkeit anzusehen, die zwar vom Kassenarztrecht geduldet wird, ihn aber nicht von der Erfüllung seiner Pflichten abhalten darf. Die Einteilung sei demnach für den Arzt durchaus zumutbar.
Hinweis: Die Tätigkeit in anderen Versorgungsbereichen darf nicht dazu führen, dass ein Vertragsarzt seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Es steht in eigener Verantwortung des Arztes, die Verpflichtungen miteinander in Einklang zu bringen. Zu beachten ist dabei, dass selbst eine belegärztliche Tätigkeit nicht automatisch zu einer Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst führt.
SG München, Urt. v. 20.06.2018 S 38 KA 360/17