Onlineshopping hat Hochkonjunktur - das gilt auch für den Gesundheitssektor. Die persönliche Beratung verliert zunehmend an Bedeutung. Viele Patienten kaufen Medikamente nicht mehr in ihrer ortsansässigen Apotheke, sondern in Versandapotheken. Wie weit das Angebot in diesem Bereich gehen darf und ob inzwischen sogar die Werbung einer Krankenversicherung für eine Ferndiagnostik ohne Arztbesuch via App erlaubt ist, musste das Landgericht München I (LG) in folgendem Fall beantworten.
Ein privater Schweizer Versicherer hatte seinen Kunden über eine App den „digitalen Arztbesuch“ angeboten. Beworben wurden hierüber nicht nur Diagnosen und Therapieempfehlungen, sondern auch die Krankschreibung per App. Wörtlich hieß es dort unter anderem: „Warum du den digitalen Arztbesuch lieben wirst. Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App.“ Partner dieser Schweizer Versicherung waren Allgemein- und Notfallmediziner in der Schweiz - mit der Eigenwerbung: „Die eedoctors-App verbindet Dich sofort und ohne Wartezeit mit einem Allgemein- oder Notfallmediziner. Per Videoverbindung behandelt Dich der Arzt wie in der Arztpraxis.“
Hiergegen wendete sich die Wettbewerbszentrale mit großem Nachdruck. Sie beanstandete einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG). Denn trotz der auf dem Ärztetag 2018 erfolgten Lockerung des berufsrechtlichen Fernbehandlungsverbots habe der Gesetzgeber das Werbeverbot für Fernbehandlung in § 9 HWG beibehalten.
Das LG schloss sich dieser Auffassung an und urteilte, dass der Schweizer Versicherer es zukünftig zu unterlassen habe, für ärztliche Fernbehandlungen in Form eines digitalen Arztbesuchs zu werben. Das Werbeverbot ziele auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit ab, denn nur eine persönliche Wahrnehmung und Untersuchung durch einen Arzt gewährleiste eine grundsätzliche Heilung.
Hinweis: Wegen der mit einer ärztlichen Fernbehandlung verbundenen Gefahren ist die Werbung dafür auch dann unzulässig, wenn die Fernbehandlung selbst erlaubt sein sollte.
LG München, Urt. v. 16.07.2019 – 33 O 4026/18